Startseite » Blog » Conversational Commerce – Digitale Sprachassistenten im Handel
Sprachassistenten sind Geräte, die mit mehreren Mikrofonen ausgestattet sind. Das hat ihnen in den Medien oft den Vorwurf eingebracht, Wanzen im eigenen Haus zu sein. In Umfragen führen 62 Prozent aller Verbraucher Datenschutzbedenken als Grund gegen die Nutzung von Sprachassistenten an. Dieses hohe Maß an Skepsis ist ein sehr deutsches Phänomen und technisch weitestgehend unbegründet. Wer Sprachassistenten nutzt, gibt zwar persönliche Informationen von sich preis, tut dies aber im gleichen Maße bei der Nutzung sozialer Medien und des Smartphones.
Konsumenten setzen mehr und mehr auf smarte Lautsprecher und nehmen diese neue Technik schneller an, als es mit dem Smartphone passierte. Damit sind smarte Lautsprecher die sich am schnellsten verbreitende Technik der Geschichte. In 2019 werden 190 Millionen smarte Lautsprecher in den Haushalten genutzt werden. Das Wachstum im Markt wird auf jährlich 653 % in den ersten 5 Jahren geschätzt, was mehr als doppelt so hoch ist wie das Smartphone-Wachstum in den ersten fünf Jahren. Mehr als vier von fünf Verbrauchern haben Sprachassistenten schon zur Informationssuche eingesetzt (82 %). Mittlerweile fast die Hälfte der Deutschen rechnen „Smart Home“ zu den Technologietrends, die ihr Leben künftig am stärksten beeinflussen werden. Sprachassistenten sind dabei eine Ergänzung und kein Ersatz bisheriger Bedienkonzepte.
Smarte Lautsprecher sind die sich am schnellsten verbreitende Technik der Geschichte
Auf Grundlage von physischen Kontexten entstehen daher unterschiedliche Arten von Konversationen. Für mich als Verbraucher vereinfacht sich die Informationseinholung, da ich nicht mehr zwischen Webseiten und Geräten hin und her schalten muss, sondern einen zentralen Ansprechpartner habe (im Büro, zu Hause oder Unterwegs).
Somit besteht die Möglichkeit, der Simulation einer menschlichen Kommunikation, ähnlich der Verkaufssituation in einem Geschäft. Marken könnten es dadurch schaffen, mehr Empathie und Vertrauen aufzubauen, Konsumenten besser zu verstehen und ihnen auf eine persönliche Art und Weise zu dienen.
Dabei könnte die in Sprachassistenten verwendete KI in Zukunft sogar einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme liefern: Für weltweit über 780 Millionen Analphabeten und 40 Millionen Blinde kann Bedienung über Sprache das Leben sicherlich deutlich erleichtern. Eine KI-Anwendung wird allerdings nur dann erfolgreich sein, wenn dem Verbraucher der Mehrwert ihres Einsatzes deutlich wird und sie gleichzeitig Vertrauen generiert.
40 % der Kosumenten sagen aus, dass sie in drei Jahren eher einen Sprachassistenten verwenden werden, als eine mobile App oder eine Website. Dieser große Schritt erfordert Planung und Investitionen in die Kundenzufriedenheit, Datenmanagement, Analytik und in KI. Der Conversational Commerce stellt hier nicht zwangsläufig einen weiteren Kanal, sondern einen Verbraucherinteraktionspunkt für Einzelhändler und Markenbeziehungen dar. Angebote von Händlern müssen auf Basis von Datenerkenntnissen auf den Kunden zugeschnitten werden (Loyalität, Anzahl Käufe usw.). Marken könnten es dann schaffen, Empathie und Vertrauen aufzubauen, Konsu- menten zu verstehen und ihnen auf eine persönliche Art und Weise zu dienen. Conversational Commerce wird eine neue Dimension der Komplexität der Anforderungen an den Einzelhandel und gleichzeitig einen konstanten Fluss an Informationen und Anfragen schaffen.
Das vergangene Jahr 2018 war ein entscheidendes Jahr für Conversational Commerce – der Kauf von Produkten und Dienstleistungen über Sprachassistenten wie Google Assistant, Alexa von Amazon und Siri von Apple ermöglicht völlig neue Wege für Unternehmen, um mit dem Kunden in Interaktion zu treten. Während sich die Definition von Conversational Commerce früher auf Chatbots beschränkte, die über Messaging-Anwendungen zum Ein- kaufen verwendet wurden, hat sie sich mit der Einführung sprachbasierter persönlicher Assistenten erheblich erweitert und bietet Marken nun die Möglichkeit, eine noch intensivere Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen. Die Sprachbestellung ist daher nicht nur ein weiterer Kanal, sondern markiert die Ära des Conversational Commerce – eine neue Beziehung zwischen Konsumenten und Marken.
Sprachbiometrie berücksichtigt individuelle Verhaltens- merkmale wie Aussprache, Betonung, Redegeschwindig- keit oder Akzente und wird beispielsweise immer häufiger zur Anwenderauthentifizierung angewandt. In diesem Fall werden Sprachaufzeichnungen analysiert und ein „Stimmabdruck“ erstellt. Dieser ist sicherer als eine Personal Identification Number (PIN), da ein irreversibles Modell der Stimme erstellt wird, das nur einer Person eindeutig zuzuordnen ist. Die Telekom setzt sogenannte SprachIDs bereits für den Kundenservice ein und nutzt individuelle Eigenschaften der menschlichen Stimme, um die Identität einer Person zu erkennen und zu bestätigen. Der Kunde registriert sich mit einer Passphrase, wodurch die Stimme in einen Zahlenwert umgewandelt und komprimiert gespeichert wird. Bei seinem nächsten Anruf beim Kundenservice kann der Kunde von jedem Telefon aus als eindeutige Person erkannt werden – weitere Authentifizierungen sind dann nicht mehr notwendig. Ein weiteres aktuelles Anwendungsbeispiel: In den USA können sich Nutzer ihr Lieblingsgetränk bei Starbucks über die Action „on Google“ bestellen und ein paar Minuten später in ihrer Starbucks-Filiale abholen – ähnlich bietet Sephora (derzeit nur in den USA) die Möglichkeit, Termine für ein professionelles Make-up über Google Assistant zu vereinbaren.
Der neue Verkaufskanal wird es der Industrie ermöglichen, dem Verbraucher das Gefühl eines direkten Ansprechpartners zu geben. Dabei wird die persönliche Stimmung durch die KI gespürt und die Konversation dahingehend individuell und emotional angepasst. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei Sprachassistenten um die sich am schnellsten verbreitende Technologie der Geschich- te handelt und die Präzision der Spracherkennung die menschliche bald ein- oder überholt hat, stellt sich für mich die Frage nach den Konsequenzen. Wenn die Sprache zukünftig in einem großen Teil der Customer Journey ein große Rolle spielen wird und wenn man dort als Unternehmen nicht präsent ist oder wortwörtlich weder zuhören noch sprechen kann, dann findet man schlicht- weg dort, wo entscheidende Aktionen auf dem Weg zur Transaktion getätigt werden, nicht mehr statt. Eine Schattenseite könnte allerdings die Vermenschlichung – auch „Uncanny Valley“ genannt – sein. Eine nahezu natürlich anmutende Konversation basiert auf Daten aus bekannten Kanälen in Kombination mit neuen Gesprächsdaten. Diese Daten werden über bestehende und neue Techno- logien der künstlichen Intelligenz, wie Spracherkennung, natürliche Sprachverarbeitung, semantische Technologie, Machine und Deep Learning, Schwarmintelligenz und Chat- oder Voice-Bots mit Hilfe von Cloud-basierten großen Datenplattformen möglich. Dadurch ist bereits heute eine Genauigkeit bei der Spracherkennung erreicht, die der menschlichen Spracherkennung entspricht (auch bekannt als „human threshold“). Wie und ob eine Maschine jemals ein natürliches Gespräch ersetzen werden kann, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Interessant finde ich, dass Experten davon ausgehen, dass auch Sprachassistenten, ebenso wie die Robotik, früher oder später auf die als „Uncanny Valley“ bekannte Akzeptanzlücke stoßen. In diesem Fall ändert sich die Empathie des Menschen gegenüber einem menschenähnlichen Wesen schlagartig in Abscheu, wenn ein bestimmter Grad an Menschenähnlichkeit erreicht wird.